Beitragvon Štěpánka » Mi 7. Jan 2009, 22:32
1. FSV Mainz 05 - Kickers Offenbach 2:1
Da der ulkigen Zeit und der Wetterverhältnisse wegen nicht so sehr viele Leute zugucken konnten, hier ein kleiner subjektiver Zuschauerbericht, in dem es auch ein bißchen um Fußball geht.
Da ich direkt von der Arbeit hochradelte, was bei den Witterungsverhältnissen auf den Radwegen (fast alle vereist, manchmal mit von Gehsteig gekehrten Schnee auf dem Eis, nur selten geräumt, fast nie gestreut) spannend ist, war mein Adrenalinspiegel, als ich vor dem Kassenhäuschen ankam, ungefähr so hoch, wie bei einem Elfmeterschießen bei einem Pokalspiel, wenn es fortwährend unentschieden steht. Sind bei den Amateurspielen eher ältere Leute in den Kassenhäuschen, fragte mich gestern eine nette junge Frau, wo ich sitzen möchte. Auf meinen verdutzten Blick hin erläuterte sie ihre Frage mit "In welchem Block? Ich würde ihnen Block C empfehlen, der ist in der Mitte. Oben, Mitte oder unten?" Ticketverkauf mit Beratung. Oh, und ich dachte, man könne sich wieder einfach dort hinsetzen, wo man will oder wo schon Freunde sitzen... ich entscheide mich für die Mitte und erhalte eine handverlesene Karte für die 13. Reihe, in die ich mich aus alter Gewohnheit nicht setze, ich suche mir dem Platz irgendwie doch lieber selbst aus.
Auf dem Weg zum Einlaß hinter der Haupt laufen vor mir vier ältere Mädchen; eine davon sagt, gut hörbar und in breitem Sächsisch, daß sie sich hier so fremd fühle.
'Als Offenbachfan' fügt sie nach einer kurzen Pause an. Ich falle fast vom Rad.
Es ist kalt. Sehr kalt und das Spiel hat noch nicht angefangen. Die Musik ist... irgendjemandem wird sie gefallen und irgendjemand anderes kennt diese Person ja vielleicht auch.
Als ich 'meinen' Platz gefunden habe, sehe ich auf dem Platz unter den Mainzern jemanden, der Karhan unglaublich ähnlich sieht. Aber Karhan kann es eigentlich nicht sein, denn diese Person trägt eine lange Trainingshose. Es ist sehr kalt auf der Haupttribüne, auf der Süd war es lange nicht mehr so kalt. Der Stadionsprecher beginnt, die Namen der Offenbacher Spieler zu verlesen, ich glaube nicht, daß sie sich angesprochen fühlen; die meisten Namen, die er vorliest, klingen eher nicht, als würde wirklich jemand so heißen, und das kann jetzt nicht nur an Hessen oder Offenbach liegen. Als er zu den Mainzern kommt, beginnt er mit der Nr. 1 Dimo Wache, dann folgt 16 Florian Heller, 4 Nikolče Noveski, es geht bunt durcheinander, Neustädter hat keinen Vornamen, wie 39 Jan mit Nachnamen heißt, traut der Sprecher den Anwesenden nicht zu zu wissen und wie ein anderer heißt auch nicht, aber den Namen habe ich vergessen. Mit der 34 wird ein Spieler angesagt, den wir als 'Estefan' verstehen und der im richtigen Leben auf Estevao Toniato hört. Ich habe 13 Milorad Pekovic nicht gehört, aber das heißt eigentlich nichts.
Block B ist abgesperrt für die Gästefans, die, die später einmal kurz laut und lästig werden, als ihre Mannschaft den Elfer verwandelt hat, sind aber nicht dort.
Die Mannschaften laufen auf. Das Spiel beginnt. Es ist kalt und es beginnt ein 90 Minuten dauernder Kleinkrieg zwischen den Leuten in den Reihen vor mir und den Leuten, die, nachdem sie die Treppe zur Tribüne erklommen haben, erst einmal auf dem kleinen Podest stehen bleiben oder stehenbleiben möchten (vielleicht wird ja der eine oder andere auch durch die plötzliche Kälte erschreckt, die untere Treppe ist ja überdacht). Der Mainzer an sich ist ja gemütlich, kann aber auch anders. So heute. Ungefähr in der Mitte der ersten Halbzeit steht ein mir bekannt aussehender Herr auf dem Absatz herum, der sonderbarerweise von der "Hinsetzen!"-Gruppe nicht angemacht wird. Nach zehn Minuten Anstarren habe ich meine Gesichtsblindheit im Griff: Das muß Peko sein. Gemeinerweise hat er keine Rückennummer auf dem Anorak.
Der Präsident lauft dauernd die Treppe hoch, aber nur einmal hinunter. Als Präsident muß man sicherlich vieles können [s](nicht nur gut aussehen)[/s], aber das irritiert mich jetzt schon.
Die Offenbacher vom Sonntag scheinen nicht dabei zu sein - jedenfalls spielt keiner mit der gleichen Klasse wie in der Halle. Von den Namen her ließ uns der Sprecher eher im ungewissen. Jedenfalls muß eine nennenswerte Menge an Spielern Pospischil heißen. Oder sehr ähnlich.
Die Mainzer üben das Vergeben von Torchancen, aber eigentlich können sie das schon recht gut. Feulner zaubert und seine Kollegen versuchen es gelegentlich auch, doch kurz vor oder im Strafraum ist dann immer Schluß mit aller Herrlichkeit und die Offenbacher bekommen den Ball. Ärgerlich ist, daß sie (die Offenbacher) sich dazu kaum Mühe geben müssen. Wieder ein schöner Angriff - ich frage Laola noch, wie sie es wohl diesmal schaffen würden, den Ball nicht ins Tor... diesmal ist es ein Fehlpaß, für den man vermutlich schon in der D-Jugend richtig Ärger bekommt.
Bei den Offenbachern spielt ein Tollkühner in kurzen Ärmeln. Laola holt sich einen Glühwein, der, was die Prozente angeht, noch irgendwie aufgewertet wurde. Leider können wir nicht beide gleichzeitig den schön warmen Becher festhalten, um die Hände zu wärmen, fast entsteht ein kleines Gerangel; die Idee eines Glühweinverleihs kommt auf; man kann so einen Becher ja mehrmals erwärmen. Svensson spielt schon wieder recht ordentlich, aber da es nicht Offenbacher vom Wochenende sind, eher ohne echte Herausforderung. Gunkel zu sehen macht auch Freude, er hat ebenfalls ein paar schöne Szenen. Wie eigentlich alle; Hyka zuzusehen macht Spaß, aber irgendwie irrlichtert er ein bißchen herum. Vielleicht ist das die fehlende Spielpraxis? Soto merkt man den Erfolg vom Wochenende an. Sehr gut. Nach einer guten halben Stunde ein großer Schreck: Borja hat sich in einem harmlos aussehenden Zweikampf verletzt, bleibt mit einem angewinkeltem Bein stehen und winkt direkt zur Bank hinüber. Es sieht aus wie 'Knie' und ist dann, wie wir später erfahren, eine Wadenzerrung. Bogavac kommt statt dessen. Immerhin gelingt es dem später, nein, nicht ins Tor, aber doch deutlich weniger hoch darüber zu schießen. Nach zwei oder drei weiteren Trainingsspielen ist er punktgenau wieder fit für das Pokalspiel in Freiburg. Alles bestens, keine Beanstandungen, was die Vorbereitung angeht. Das wird was.
Kurz nach Borjas Auswechslung schießt Feulner dann, nach einem sehenswerten Paß von Soto, endlich doch ein Tor.
Kurz vor der Pause verlassen sehr viele Leute fluchtartig die Tribüne und wir rätseln, ob wir irgendetwas übersehen, überhört oder verpaßt haben. Es ist kalt und wird kälter. Jetzt, mit weniger Leuten auf der Haupt wird es auch noch windig. Klasse. Lode Runner geht heiße Getränke holen und braucht sehr lange dazu. Er wird auf dem Weg einer Heizung begegnet sein.
Kein Seitenwechsel heute? Ich brauche ein paar Sekunden, bis ich merke - der spaßige Sprecher hat nur Offenbacher Auswechslungen angesagt - daß in dem grünen Trikot rechts nicht der Offenbacher Torwart sondern Wetti steckt, auch wenn ich das eigentlich am unnachahmlichen Sitz seiner langen Trainingshose gleich hätte merken müssen. Jetzt spielt neben Bungert (in der ersten spielten Noveski und Svensson) Estevao Toniato. Es macht Spaß, ihn spielen zu sehen, er erinnert ein bißchen an Noveski, wenn er unbedingt vorne mitmischen will, wie bei seinem legendären Hattrick gegen die Frankfurter. Er faßt seine Rolle als IV ein bißchen offensiv auf, trotzdem spielt er die Offenbacher Offensive auch noch auf kleinstem Platz und fast an der Grundlinie aus und kann auch schön Gegenzüge einleiten und nicht nur den Ball ins Aus dreschen. Einige Male erhält er Szenenapplaus.
Gunkel wird nach einer Stunde ausgewechselt oder wie der Stadionsprecher sagte "In der 14. Minute". Mein Vordermann dreht sich irritiert zu uns um und fragt "Ich habe 14. Minute verstanden?" Ich habe den Glühwein im Verdacht, auch die anderen Auswechslungen und der Elfer werden angesagt, als wären wir noch in der ersten Halbzeit. Eine dritte würde ich nicht mehr aushalten, es ist zu kalt. Den Elfer... also Kirchhoff ist beteiligt, ich finde nicht, daß es einer ist, Lode Runner meint dagegen, daß es ein klarer Fall von Strafstoß sei und daß es jenseits der Strafraumgrenze war. Das schon, aber ich habe kein Foul gesehen. Das kann natürlich daran liegen, daß ich kurzsichtig bin, aber auch daran, daß Kirchhoff Mainzer ist. Fast im direkten Gegenzug stellt Soto mit einem ins Tor gedroschenen Ball die vorherige Tordifferenz wieder her; er hatte zuvor schon eine sehenswerte Torchance, die vom Offenbacher Goalie abgewehrt wurde.
Sekundenbruchteile nach dem Abpfiff stürze ich die Treppe hinunter um schnellstmöglich irgendwo ins Warme zu kommen, von den Leuten rundherum hatte ich mich schon vor Spielschluß verabschiedet.
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Štěpánka am Do 8. Jan 2009, 20:41, insgesamt 2-mal geändert.